Stellungnahme zu problematischer Personalpolitik an Hochschulen

Die LandesAstenKonferenz Berlin (LAK) beobachtet mit Sorge, dass die Berliner Hochschulleitungen ihre administrativen Befugnisse hinsichtlich Personalangelegenheiten politisch ausnutzen. Sowohl an FU als auch an HU deuten arbeitsrechtliche Gerichtsverfahren gegen hochschulpolitisch tätige Beschäftigte auf einen politischen Machtmissbrauch hin. Die LAK Berlin fordert die Regierungskoalition um SPD, Grüne und Linke auf, den Hochschulleitungen die Personalbefugnisse zu entziehen und unabhängigen Gremien zu übertragen.

Zwei laufende Gerichtsverfahren bringen ein massives Demokratiedefizit an den Berliner Hochschulen zu Tage: Das Präsidium der Freien Universität um Günter Ziegler hatte vergangenes Jahr einem engagierten Gewerkschafts- und Personalratsmitglied gekündigt, vorgeblich weil der Beschäftigte zu oft krank gewesen sei. Gegen die fehlende Zustimmung eines Personalrats zog das FU-Präsidium vor Gericht, inzwischen sogar in zweiter Instanz. Derweil weigert sich die Personalabteilung der Humboldt Universität unter Vizepräsident Ludwig Kronthaler, einen vormaligen Beschäftigten wiedereinzustellen, weil dieser sich aktiv am Streik der studentischen Hilfskräfte beteiligt hatte. Im ersten Fall hat das Verwaltungsgericht bereits für den Arbeitnehmer entschieden, wogegen das FU-Präsidium jedoch Beschwerde einlegte und vor die zweite Instanz zieht. Hierbei ist besonders eindrücklich, dass die Freie Universität anstrebt, eine Bundesrechtssprechung zu kippen, die bundesweit Personal- und Betriebsräte (auch in Privatunternehmen) vor willkürlichen Kündigungen in Schutz nimmt. In einem zweiten Fall, diesmal an der HU, steht ein Urteil des Berliner Arbeitsgerichts noch aus. Beide Fälle haben jedoch gemein, dass

  1. sich die Benachteiligten hochschulpolitisch betätigt und gewerkschaftlich gegen prekäre Arbeitsbedingungen gewehrt hatten,
  1. die Personalabteilungen ihre Beschäftigung mit fragwürdigen Begründungen verhindern wollen und
  1. die Personalabteilungen dem jeweiligen Hochschulpräsidium unterstehen.

Es ist daher davon auszugehen, dass beide präsidialen Interventionen eine politische Komponente haben und sich gleichermaßen gegen präsidiumskritische Beschäftigte wie gewerkschaftliche Strukturen richten. Solche Interventionen können sich in Form folgender personalwirtschaftlicher Maßnahmen äußern:

  • Verhinderung einer Einstellung, wie aktuell an der HU. Dies gilt nebenbei bemerkt auch für Berufungen, wie z.B. der Fall Albert Scharenberg 2009 an der FU zeigt.
  • Nichtverlängerung von befristeten Verträgen, die wohl einfachste und leiseste Form der politischen Selektion von Beschäftigten.
  • Kündigung eines Beschäftigungsverhältnisses, eine aus unserer Sicht neue Qualität der präsidialen Personalpolitik.

Die LAK Berlin verurteilt die Benachteiligung von Beschäftigten aufgrund ihrer hochschulpolitischen Aktivitäten aufs Schärfste. Durch die präsidiale Personalpolitik sollen Beschäftigte eingeschüchtert und so von gewerkschaftlicher Organisierung abgehalten werden. Union Busting ist in jedem Betrieb, ob wissenschaftlich oder privatwirtschaftlich, abzulehnen.

Nicht zuletzt wirkt sich die präsidiale Personalpolitik jedoch auch auf die demokratische Entscheidungsfindung der Hochschulen aus. Da die Beschäftigten als Hochschulmitglieder Mitbestimmungsrechte in der Akademischen Selbstverwaltung genießen und sich darüber hinaus in den Personalräten einbringen können, beeinflussen Personalentscheidungen auch die Zusammensetzung der Statusgruppen. Diese bilden den Souverän für die Entscheidungsfindung an Berliner Hochschulen. Werden Personalentscheidungen also nach politischem Ermessen des Präsidiums gefällt, können Meinungsbildung, gewerkschaftliche Organisierung und Entscheidungsfindung unter den Beschäftigten erheblich manipuliert werden. Besonders schwer wiegt dieser Umstand bei der Wahl des Präsidiums selbst.

Zusätzlich schüchtert eine solche Personalpolitik auch andere Hochschulmitglieder ein, die sich aus karrieristischen oder existenziellen Gründen nicht mehr trauen, sich leitungskritisch zu äußern. Auch Studierenden wurde bereits mit zukünftigen beruflichen Konsequenzen gedroht. Auf lange Sicht findet so eine politische Homogenisierung der Belegschaft statt, deren Entscheidungsfindung durch Einschüchterung beeinflusst und deren Zusammensetzung durch konkrete Interventionen bei Personalentscheidungen (s.o.) auf die Interessen der Hochschulleitungen gemünzt wird. Der personalpolitische Machtmissbrauch der Hochschulleitungen sichert somit nicht zuletzt den Machterhalt der aktuell herrschenden Strömung des Hochschulneoliberalismus.

Wie effektiv die beschriebene Einschüchterungstaktik ist, belegt der bereits erwähnte Fall an der „Freien“ Universität Berlin. Da der Beschäftigte in zwei Personalräten gewählt war, mussten beide seiner Kündigung zustimmen. Der Gesamtpersonalrat gab, wie zu erwarten, keine Zustimmung. Der Personalrat Dahlem jedoch, der die Interessen aller Beschäftigten im Hochschulbereich vertreten soll (mit Ausnahme des Botanischen Gartens–Botanischen Museums und der Studentischen Beschäftigten), stimmte der krankheitsbedingten Kündigung ihres Kollegen zu. Das Berliner Verwaltungsgericht erklärte die Kündigung am 12. Juni 2020, der Bundesrechtssprechung folgend, für unrechtmäßig.

Um den Einfluss der Hochschulleitungen auf die demokratische Entscheidungsfindung der Berliner Hochschulen zu begrenzen und die Souveränität der Statusgruppen zu stärken, müssen sie ihrer Personalbefugnisse (Funktion der Dienstbehörde, der obersten Dienstbehörde, der Personalstelle und der Personalwirtschaftsstelle) entzogen werden.

Das Feld der Personalangelegenheiten ist in der Selbstverwaltung ein besonders heikles, da es die demokratische Entscheidungsfindung sehr direkt und nachhaltig beeinflussen kann. Nur in einem paritätisch besetzten Gremium sind die unterschiedlichen Interessen der Hochschulmitglieder, unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Qualifikation und Hochschulbindung, derart ausgewogen, dass die Personalwirtschaft hochschulintern selbstverwaltet werden kann. Das Präsidium, als rein professorales Kollegialorgan mit weitestgehend homogenen Interessen, ist hierfür nicht geeignet. Eine entsprechende Regelung muss Eingang in das neue Hochschulgesetz finden, wenn die Akademische Selbstverwaltung und die Personallandschaft der Berliner Wissenschaft nicht langfristig strukturellen Schaden nehmen sollen.

 

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