Offener Brief des AStA TU an das Studierendenwerk Berlin zu Rüstungswerbung in Berliner Universitätsgebäuden

Dienstag, 09. Mai 2017

Liebe Mitarbeiter*innen des Studierendenwerks Berlin,

Gestern bot sich allen Mensagästen der Hauptmensa der TU Berlin beim warten auf Kommiliton*innen im Foyer eine abschreckende Werbeeinblendung auf einer der großen Videoleinwände. Alle paar Minuten warb Europas größter Rüstungskonzern Rheinmetall für sein Traineeprogramm.

An der TU Berlin existiert seit den 1950er Jahren eine Zivilklausel. Die derzeitige Fassung wurde am 18.06.1991 vom Akademischen Senat beschlossen. Diese untersagt aus gutem Grund rüstungsrelevante Forschung an der Universität. Seitdem sind bundesweit viele Universitäten diesem Beispiel gefolgt [1]. An einer Universität, die für Frieden und (wissenschafts-)Freiheit stehen will, macht Werbung für Kriegstreiberinnen und deren Profiteurinnen keinen Sinn. Wenn ihr euch als Teil der Universitäten versteht – und das behauptet ihr ja immer – solltet ihr euch diesen Grundsatz zu Herzen nehmen.

Das beste Händchen hattet ihr bei der Auswahl eurer Werbepartner* innen ja noch nie. Derzeit werben neben Rheinmetall unter anderem IKEA und Amazon um billige Arbeitskräfte unter uns Studierenden. In beiden Unternehmen kämpfen die Beschäftigten seit Jahren europaweit um angemessene Bezahlung und bessere Arbeitsbedienungen. Wenn ihr für diese Konzerne die Arbeitsvermittler*in spielen wollt, müssen wir dringend reden! Trotz allem nimmt die Werbung für einen Rüstungskonzern unserer Meinung nach eine gesonderte Rolle ein.

Die Rheinmetall AG ist aber auch nicht nur irgendein Rüstungskonzern. Rheinmetall ist Europas Größter und Drittgrößter weltweit. Im letzten Jahr setzte der Konzern rund 3 Mrd. Euro durch Panzer, Granaten Elektronik und gepanzerte Fahrzeuge um. Die Auswahl der Geschäftspartner*innen ließt sich wie ein Who Is Who der kriegerischen Despoten dieser Erde. Eine Panzerfabrik für den türkischen Präsidenten Erdogan ist in Planung und für den algerischen Autokraten Bouteflika ist sie bereits beschlossene Sache. Eine Granatenfabrik und Bomben für Saudi-Arabien. Viele weitere Beispiele ließen sich anbringen. Damit ist der Konzern nicht nur mitverantwortlich für das massenhafte Sterben in den aktuell heißesten Kriegsgebieten und für die erzwungene Flucht hunderttausender Menschen, sondern liefert auch das Know-How für die Zerschlagung jedweden Protests wie in Algerien und Saudi-Arabien bereits in den letzten Jahren geschehen. Durch den Export ganzer Fabriken umgeht Rheinmetall außerdem bewusst alle Kontrollmechanismen in der Bundesrepublik. Damit nicht genug wird noch ordentlich Schmiergeld gezahlt damit irgendwer die Tötungsmaschinen auch kauft [2].
Wir finden, dass jeder Aspekt für sich genommen Werbung auf dem Universitätscampus - und damit auch in euren Räumlichkeiten – sich von selbst verbietet.

Ihr solltet euch fragen ob die Fürsorglichkeit mit der ihr euch um unsere internationalen Kommiliton*innen kümmern wollt nicht etwas zynisch wirkt, wenn ihr gleichzeitig Werbung für einen Großkonzern macht, der die Länder ihrer Familien ins kriegerische Chaos stürzt.

Um es nochmal klar zu formulieren. Wir werden diese Praxis nicht weiter einfach so hinnehmen und erwarten eine zeitnahe Stellungnahme.
Darüber hinaus haben wir einen Vorschlag für euch. Geben wir dem Studierendenwerk Berlin, ähnlich wie das verschiedene Universitäten bereits getan haben, eine Zivilklausel, die jedwede Kooperation mit Rüstungskonzernen untersagt. Ihr wärt damit sicherlich das erste Studierendenwerk, welches solch einen Schritt wagen würde. Übermäßig mutig wäre das nicht. Aber in der aktuellen Zeit mit über 60 Mio. Menschen auf der Flucht, stetig wachsender Migration und dem gleichzeitigen erstarken reaktionärer und nationalistischer Strömungen wäre es ein zukunftsweisendes Zeichen auch über die Universität hinaus.

Solidarische Grüße
Bildungspolitisches Referat des AStA der TU Berlin
Hannah Eberle studentische Kuratorin der TU Berlin

P.S.: Wem das noch nicht reicht. Heute, am 09. Mai dem Tag des Sieges über den Hitler-Faschismus, veranstaltet die Rheinmetall AG ihre Aktionärs-Hauptversammlung im Maritim Hotel in der Berliner Stauffenbergstr. Kritisches Geschichtsbewusstsein sieht anders aus.

[1] http://zivilklausel.de/index.php/bestehende-zivilklauseln
[2] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/schmiergeld-skandal-rh...