Der neue Koalitionsvertrag: Weiterhin keine demokratische Mitbestimmung, verfassungswidrig und trotzdem exzellent?

Kürzlich haben SPD, Linke und Grüne ihre gemeinsame Koalitionsvereinbarung vorgestellt. Leider finden sich nur wenige Punkte aus dem Forderungskatalog der Landes-ASten-Konferenz Berlin (LAK) an den Rot-Rot-Grünen Senat in dem Dokument wieder. Es ist zu hoffen, dass der Bereich Wissenschaft sich nicht als Prestige-Projekt des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller im Stillstand verliert. Mit Prestige-Projekten hat Berlin schon in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gemacht. Gefragt ist solides, aber dennoch mutiges und vorwärts gewandtes Handeln unter Einbeziehung sämtlicher Betroffener. Wir als LAK fordern zunächst vor allem in den Bereichen Demokratisierung der Hochschulen und Novellierung der Hochschulakkreditierung Bewegung. Darüber hinaus verlangen wir ein klares Bekenntnis gegen Ökonomisierung, Elitenförderung und Wettbewerbsfinanzierung vom neuen Senat.

Die vorliegende Koalitionsvereinbarung äußert sich nur sehr ausweichend zur demokratischen Mitbestimmung der verschiedenen an den Hochschulen vertretenen Statusgruppen. Die Koalition hat zwar angekündigt eine Kommission einzurichten, die genau über diesen Punkt diskutieren soll und zu der auch wir Studierenden eingeladen werden sollen, aber das klingt doch sehr nach dem alten Sprichwort "Wenn du nicht mehr weiterweißt, gründe einen Arbeitskreis".
Lion Laspe vom Hochschulpolitischen Referat des AStA TU Berlin meint dazu: „Von einer Regierung mit einem linken Anspruch hätten wir erwartet, dass sie auch schon in ihrer Koalitionsvereinbarung Vorschläge stehen, die die demokratische Partizipation ermöglichen. Die Probleme der akademischen Selbstverwaltung hinsichtlich demokratischer Partizipation sind eklatant und müssen nicht erst u.a. mit den Profiteur*innen des gegenwärtigen Systems besprochen werden.“

Des Weiteren bedauert die LAK, dass in der Koalitionsvereinbarung mit keinem Wort die dringend nötige Novellierung des Akkreditierungssystems der Hochschulen angekündigt wird. Anfang letzten Jahres hatte das Bundesverfassungsgericht das jetzige System der Akkreditierung für nicht verfassungskonform erklärt. Aus diesem Grund müsste sich nun eigentlich in jedem Bundesland, auch in Berlin, etwas bewegen. Die letzte Regierung hat die Novellierung erfolgreich auf die nächste Legislaturperiode verschoben, und auch die neue Regierung scheint dieses Thema nicht auf ihrer Prioritätenliste zu haben. Dabei ist es ein unerträglicher Zustand, und ganz nebenbei widerspricht es der in Artikel 5 GG geregelten „Freiheit von Wissenschaft und Forschung“, dass private Akkreditierungsagenturen sich um die Anerkennung von Studiengängen kümmern - und zwar ohne Kontrolle und sehr intransparent. Die LAK hatte hierzu bereits im September 2016 Vorschläge vorgelegt.

Zu unserer Verwunderung enthält die Koalitionsvereinbarung auch keine kritische Auseinandersetzung mit der Exzellenzstrategie. Im Gegenteil: Die Regierung hat vor sich für ein stark vertretenes Berlin in diesem Wettbewerb einzusetzen. Dabei fördern Exzellenzinitiative und Exzellenzstrategie unnötigen Konkurrenzdruck zwischen den Hochschulen, was einer erfolgreichen Forschung und Lehre nur im Wege stehen kann. Denn Forschung und Lehre profitieren von gegenseitigem Austausch. Die Erzeugung künstlicher Exzellenzwettbewerbe verdeckt nur den eklatanten Geldmangel, den die Regierungen der letzten Jahre sowohl im Bund als auch in den Ländern zu verantworten haben.
Robert Jung vom AStA FU sagt: „Es geht nicht darum irgendwelche Leuchtturmprojekte zu fördern, sondern Forschung und Lehre auf breiter Basis in ihrer Arbeit zu unterstützen. Wir wünschen uns ein Miteinander und kein Gegeneinander der Berliner Hochschulen und Wissenschaftsstandorte!“

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