Offener Brief des AStA ASH: "Blumen für die AfD"

Hiermit dokumentieren wir den Offenen Brief des AStA ASH an alle Hochschulangehörige der Alice Salomon Hochschule und Interessierte - Blumen für die AfD vom 21.11.2016.

PM: Offener Brief an alle Hochschulangehörige der Alice Salomon Hochschule und Interessierte - Blumen für die AfD

Die AfD konnte im September mit 23,2 % als zweitstärkste Fraktion in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Marzahn-Hellersdorf einziehen. In der zweiten BVV Sitzung wurde Thomas Braun, Diplom-Pädagoge (!), von der AfD zum stellvertretenden Bürgermeister und Stadtrat für Bürgerdienste und Wohnen gewählt. Der Erfolg der AfD waren für viele kritische Beobachter_innen absehbar, die extrem hohen Ergebnissen waren dennoch erschütternd. Die rassistisch aufgeladenen Diskussionen im Bezirk, vor allem um die Aufnahme geflüchteter Menschen, oftmals von rechten und neonazistischen Gruppierungen bestimmt, drückten sich mit dem Ergebnis nun auch parlamentarisch aus. Dies ist nicht zuletzt der Anlass, hier öffentlich Stellung zu beziehen und dem Trend der Normalisierung rechter Positionen entgegenzutreten.

Als Beobachter_innen nahmen Mitglieder des Hochschularbeitskreises "Rechte Gewalt" der an den ersten Sitzungen der BVV teil. Die Art und Weise, wie von Seiten der demokratischen Parteien (in Marzahn-Hellersdorf Die Linke, SPD, CDU und Grüne) mit der AfD umgegangen wurde, kommt einer Normalisierung gleich. Kein_e Redner_in distanzierte sich von den Positionen der AfD - es war einfach kein Thema!

Der stellvertretende Bürgermeister bekam sowohl von CDU als auch von SPD nach seiner Wahl Blumen überreicht - sehr bildlich für den Umgang der beiden Parteien mit der AfD. Auch kam es zu keinerlei antirassistischen Protest, weder davor noch in der BVV.

Anlässlich der ersten Sitzungen waren unter den Zuschauer_innen deutlich viele Fans der AfD, aber auch als stramme Nazis bekannte Gesichter der NPD. Tatsächlich wirkte es, als würde die AfD als legitime Partei gehandelt werden. Legitim kann für uns aber nie sein, dass Menschen ihre Rechte abgesprochen werden, rassistische und sexistische Ideologien Sozialpolitik bestimmen und politische Gegner_innen eingeschüchtert werden. Den Erfolg der Partei auf den "Frust" von Wähler_innen zu schieben, die angeblich die AfD aus "Protest" gewählt hätten, verharmlost die gesellschaftliche Stimmung. Die AfD wurde nicht trotz, sondern wegen ihrer menschenverachtenden Positionen gewählt. Die politischen Abläufe wie gehabt fortzuführen, darf kein angemessener Umgang mit der AfD sein. Die Tatsache, dass 28.263 Wahlberechtigte im Bezirk für diese Partei gestimmt haben und sie somit zweitstärkste Fraktion geworden ist, ändert daran nichts. Wenn die Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Die Linke) schon nach der zweiten BVV-Sitzung gegenüber dem RBB ankündigt, mit der AfD zusammen arbeiten zu können, dann ist das ein Skandal! In der zweiten BVV Sitzung fiel lediglich ein Mal das Wort "Rassismus", während auf die prekäre und gefährliche Unterbringungssituation geflüchteter Menschen im Bezirk keineswegs eingegangen wurde. Vielmehr lag es im Interesse der frisch gewählten Stadträte den Konsens aller BVV Parteien (d.h. inklusive AfD) zu betonen.

Wir verurteilen, den Kuschelkurs mit der AfD und die Verweigerung der kritischen Reflektion mit dem Auftritt dieser rechtspopulistischen Partei im Bezirksparlament. Es darf keine Zusammenarbeit mit Rechtspopulist_innen geben! Wie andere Berliner Bezirke zeigen, ist Protest von Zivilgesellschaft und Bezirksverorordneten anderer Parteien gegen die AfD sichtbar und möglich. So stimmten BVV Verordnete in Pankow in mehreren Wahlgängen bisher gegen den AfD Kandidaten für einen Stadtratsposten. Dies ist unter anderem dem Druck aus der Zivilgesellschaft und dem öffentlichen Interesse zu verdanken. Es zeigt uns umso mehr, dass auch in Marzahn-Hellersdorf Protest möglich, aber vor allem notwendig ist!

Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf hat in den vergangenen Jahren ein Aufleben neonazistischer und rechter Gruppen erlebt, hunderte Veranstaltungen und Kundgebungen, massive Gewalt bis hin zu Brandanschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte. Die AfD kann auf die weit verbreitete rassistische Grundstimmung gut aufbauen. Nicht nur ihr rechtes Weltbild, das auf Rassismus, der Verweigerung gegenüber nicht heteronormativen Lebensformen, sexistischen Geschlechterzuschreibungen und autoritären Wünschen nach starker Führung in der Politik beruht, sondern auch ihre neoliberale Sozialpolitik, die sich gegen Arbeiter_innen und Erwerbslose richtet, sind das Profil der AfD.

Wir als Angehörige der Alice Salomon Hochschule fordern ein klares Bekenntnis der Hochschule, die sich für Menschenrechte, "soziale [...] Gerechtigkeit und kritische [...] Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Entwicklungen verpflichtet". Deswegen darf in Zeiten zunehmender rassistischer Gewalt, keine Zusammenarbeit mit den Rassist_innen im Nadelstreifenanzug gewährleistet werden, um ihre Normalisierung weiter nicht voranzutreiben.

Eine offene Diskussionskultur ist wichtig, doch kann es keine Plattform für Austausch mit jenen geben, die Menschen ihre Rechte absprechen und abwerten, welche nicht in ihr reaktionäres Weltbild passen.

Somit fordern wir eine klare Distanzierung von der AfD wie z.B. durch eine öffentlich Stellungnahme. Es darf nicht nur bei reinen verbalen Bekundungen bleiben, ein Schritt wäre die Überprüfung der Durchsetzung eines Hausverbots für ihre Vertreter_innen.

So kann es nicht sein, dass beispielsweise Erstsemester in Zukunft bei der Immatrikulationsfeier von einem stellvertretenden Bürgermeister der AfD begrüßt werden!

Wir rufen alle Hochschulangehörigen, antirassistische Bündnisse, Einrichtungen und Einzelpersonen im Bezirk auf, ein klares Zeichen gegen die AfD zu setzen und sich zivilgesellschaftlich einzubringen!

Sie zu ignorieren, die Füße still zu halten, abzuwarten oder dergleichen kann keine Option sein für alle, die die Positionen der AfD ablehnen!

Eine erste Möglichkeit: Kommt zur nächsten BVV Sitzung!

Keine schleichende Normalisierung der AfD!

Nationalismus ist keine Alternative!

nächste BVV Sitzung am 15.12. 17 Uhr, Freizeitforum Marzahn, Arndt-Bause-Saal, Marzahner Promenade 55, 12679 Berlin

(Für Hochschulangehörige: Achtet auf Durchsagen zur gemeinsamen Anreise)