Die Causa Tiburtius - Ein Antikommunist als Namensgeber eines Berliner Wissenschaftspreises

Ein Antikommunist als Namensgeber eines Berliner Wissenschaftspreises - ehrlich oder unangemessen?

Die Landes-ASten-Konferenz Berlin bedauert die Entscheidung der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen (LKRP), den Namen des Nachwuchsförderpreises der Berliner Hochschulen, den sogenannten Tiburtius‐Preis, beizubehalten.
Wie in der Vergangenheit schon von uns gegenüber der LKRP gefordert, muss der Preis umbenannt werden. Am 15.08.2016 beschied die LKRP Berlin eine Forderung der LAK Berlin nach einer Umbenennung des Preises vom 03.02.2016 negativ. Auf eine Nachfrage der LAK nach den Gründen für die Beibehaltung des Namens vom 05.10.2016 reagierte die LKRP bislang nicht.

Der Tiburtius-Preis ist nach Professor Joachim Tiburtius (1889-1967) benannt. Er war von 1951 bis 1963 Senator für Volksbildung in Berlin. Die LKRP Berlin verleiht den Preis jährlich für hervorragende Abschlussarbeiten an Absolvent*innen der Berliner Fachhochschulen und für hervorragende Dissertationen an Berliner Hochschulen.
Es ist davon auszugehen, dass Joachim Tiburtius in seiner Funktion als Berliner Senator für Volksbildung die Ausstellung "ungesühnte Nazi‐Justiz", welche 1959‐62 in mehreren westdeutschen Städten bzw. 1960 in Berlin stattfand, aktiv versucht hat zu diskreditieren. Auch merkt die Historische Kommission der HU in einer von der LKRP angeforderten Stellungnahme an, dass Joachim Tiburtius eine Person war, die eher "die Kulturpolitik Berlins im Kalten Krieg der 1950er Jahre widerspiegelt als eine explizit wissenschaftliche herausragende Leistung darstellt".

Gabriel Tiedje vom AStA TU kommentiert den Vorgang mit folgenden Worten: "Wir finden, dass Personen, die im Verdacht stehen der historischen Aufarbeitung der Jahre 1933-45 im Weg gestanden zu haben, nicht geeignet sind als Namensträger für einen Nachwuchsförderpreis zu dienen. Wir fordern die LKRP erneut zur Umbenennung des Preises auf und verweisen auf die Vorschläge der Historischen Kommission zur Benennung eines neu zu stiftenden Wissenschaftspreises. Diese stehen eher im Rahmen aktueller politischer Debatten, wissenschaftlich herausragenden Frauen den ihnen zustehenden Raum zu geben. Wir fordern die diesjährigen Preisträger*innen dazu auf, sich kritisch mit dem Namen und der Geschichte des Preises auseinanderzusetzen."

Die genannte Einschätzung der Historischen Kommission der HU ist abrufbar unter https://asta.tu-berlin.de/owncloud/index.php/s/ToJiGrQkH6xJoHy.

Die Preisverleihung des diesjährigen Tiburtius-Preises findet am Dienstag, den 22.11.2016 um 16:00 Uhr in der TOPOI-Villa Dahlem, Hittorfstraße 18, 14195 Berlin, statt. Zur Veranstaltung sind alle Interessierten herzlich eingeladen.

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