Aktuelle Pläne und Verhaltensweisen von VBB, Bund und Senat gefährden die Mobilität von Studierenden.
Studentische Mobilität steht vor riesigen Aufgaben, die von den Akteur*innen im Bereich Verkehr ignoriert und auf die lange Bank geschoben werden. Gleichzeitig wird günstigere Mobilität für alle angekündigt. Günstige Tickets für alle begrüßen wir sehr, allerdings finden die Folgen für die studentischen Solidarmodelle darin keinerlei Berücksichtigung. Eine zukunftsfähige Planung fehlt und die Studierendenschaften stehen vor der Frage, ob das Semesterticket unter den aktuellen Vorzeichen noch tragbar ist.
Die Probleme sind vielfältig und seit langem bekannt:
Der VBB hat es als Verhandlungspartner nicht geschafft, eine Basis für Vertragsverhandlungen zur Verfügung zu stellen. Trotz mehrfacher Nachfrage liegt weiterhin kein Vertragsentwurf vor - obwohl eine Unterzeichnung längst überfällig ist. Das Verhalten ist für uns unverständlich und sorgt für große Zweifel an der Verhandlungfähigkeit eines so großen Unternehmens.
Die Studierenden in Berlin sind Großkund*innen mit einem Auftragsvolumen von 70 Millionen Euro pro Jahr und damit gut 13% der Gesamteinnahmen der BVG. Dennoch werden wir als Vertragspartner in keiner Weise ernstgenommen und unsere Probleme und Interessen konsequent ignoriert.
Als Nachfolge des 9-Euro-Tickets kommt ab Oktober in Berlin ein 29-Euro-Ticket. Das bedeutet aktuell, dass Studierende aufgrund des Solidarmodells, bei dem alle Studierenden ein Ticket erwerben müssen, monatlich mehr zahlen, als all diejenigen, die sich selbstbestimmt Tickets kaufen können. Bevor die Aktionstickets kommen, muss die Politik klar kommunizieren, was diese Entwicklung für die Semestertickets bedeutet. Gibt es auch hier einen weitreichenden Zuschuss an die Studierenden und wie hoch wird dieser sein? Wie wird geplant, das Solidarmodell der Studierendenschaften weiterhin bezahlbar zu halten? Wie wird es ab dem Sommersemester 2023 weitergehen?
Mit der Einführung günstigerer Tickets braucht es eine festgeschriebene Lösung für das solidarische Semesterticket als sozial besonders förderungswürdiges Modell. Sobald billigere Monatstickets für viele Studierende wirtschaftlich sinnvoller sind, weil sie bedarfsorientiert erworben werden können, wird das Solidarmodell an Rückhalt verlieren. Solidarität muss sich lohnen. Die politischen Entscheidungsträger müssen hier ein klares Zeichen setzen.
Mobilität ist ein bedingungslos allen zustehendes Recht, welches durch steigende Kosten derzeit akut gefährdet ist. Die prekären Bedingungen, unter denen ein Großteil der Studierenden schon immer gelebt hat, werden sich in den nächsten Monaten durch steigende Preise und Heizkosten dramatisch verschärfen. Eine Investition in günstigere Semesterticktes wäre damit eine konkrete finanzielle Entlastung, die auch dazu beitragen wird, Studienabbrüche zu verhindern.
Uns ist bewusst, dass die Pläne für Fortsetzung günstigerer Tickets noch nicht ausgereift sind. Daher braucht es in den neuen Verträgen zumindest eine Ausstiegsklausel, um möglichen Schaden von den Studierenden abzuwenden. Ohne eine solche Klausel ist es uns aktuell nicht möglich, die entsprechenden Verträge zu unterzeichnen.
Doch selbst ohne die genannten Planungsunsicherheiten ist der Zeitplan des VBB nicht realisierbar. Bereits jetzt benötigen wir Folgeverträge ab 2024, da die nötigen Prozesse und rechtlich erforderlichen Abstimmungen der gesamten Studierendenschaft viel Zeit und Geld kosten. Die Abstimmungen sind dabei nicht nur notwendiger demokratischer Teil des Prozesses, sondern bei einer Verschlechterung der Bedingungen für die Studierenden, wie sie sich durch die aktuellen Entwicklungen abzeichnet, eine zwingende Voraussetzung für einen Vetragsabschluss. Jede Verzögerung des Verhandlungsprozesses gefährdet damit das Fortbestehen des Semestertickets und zieht massive Verwaltungsprobleme für Hochschulen, Studierende und den VBB nach sich.
Wir als Studierende, die unter der aktuellen Inflationskrise besonders leiden und in den Entlastungspaketen unterkompensiert werden, finden in den aktuellen Plänen erneut keine Beachtung. In einem Mobiltätszuschuss müssen Studierende explizit bedacht werden. Wir brauchen jetzt sichere Aussichten und finanzielle Zusagen.
Frau Jarasch, wir appellieren deshalb an Sie als zuständige Senatorin, setzen Sie sich mit uns zusammen, um rechtzeitig sinnvolle Lösungen für das Solidarmodell Semesterticket zu finden.
LAK BERLIN
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